10.11.2022

Teamübergreifende Zusammenarbeit funktioniert nicht von allein

Raphael Hackmann
Intrapreneur Haufe Teampact

Teams sind die Powerzellen zukunftsfähiger Organisationen, das ist nichts Neues und wird in der Arbeitswelt flächendeckend gelebt. Gleichzeitig werden die Herausforderungen, denen Unternehmen in unserer stark vernetzten und sich immer schneller verändernden VUCA-Welt gegenüberstehen stehen, stetig komplexer und benötigen die Expertise verschiedenster Expertengruppen/Teams. Unternehmen und insbesondere ihre Führungskräfte werden dadurch vor neue Herausforderungen gestellt: Wie gestalte und manage ich teamübergreifende Zusammenarbeit? Wie fördere ich die effiziente Zusammenarbeit von Teams mit verschiedenem Fachwissen und unterschiedlichen Strukturen und einer individuellen Teamidentität? Wie können Informationssilos aufgelöst werden? Der Artikel zeigt, was es für eine fruchtbare team- und funktionsübergreifenden Zusammenarbeit braucht.

[#anchor1]Was bedeutet teamübergreifende Zusammenarbeit - Definition[#anchor1]

Wir verstehen darunter verschiedene Teams mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten, die innerhalb einer Organisation miteinander kollaborieren und gemeinsam auf ein (übergeordnetes) Ziel hinarbeiten. Neue Herausforderungen in Unternehmen bedürfen der Expertise und reibungslosen Zusammenarbeit verschiedenster Teams und lassen sich oft nicht mehr durch einzelne, stark spezialisierte Teams bearbeiten. Dies wird auch als funktions- und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit bezeichnet und spielt eine immer wichtigere Rolle beim Erreichen der Unternehmensziele. Der Mix aus verschiedenen Teams und Abteilungen ermöglicht es oftmals erst, neue Perspektiven einzubringen, Altbekanntes zu hinterfragen und innovativ gemeinsame Ziele anzustreben.

Wichtig ist hier der Unterschied zu einem Projektteam. Während bei einem Projektteam Individuen aus verschiedenen Fachbereichen ein Team bilden und auf ein Ziel hinarbeiten, geht es bei der teamübergreifenden Zusammenarbeit darum, dass verschiedene Teams – mit eigenen Teamidentitäten, unterschiedlichen Zielen, Führungskräften, Strukturen etc. – zusammenarbeiten müssen. Wie man sich leicht vorstellen kann, kommen zu den üblichen Herausforderungen, die bei der Zusammenarbeit in einem Team auftreten, noch ganz andere Herausforderungen hinzu. Nämlich die, die über die Teamgrenzen hinausgehen und einen holistischeren Blick auf das „Multiteam-System“ benötigen. Die Frage ist nun: Wie gestalten wir eine solche Zusammenarbeit effektiv? Was können die Teams selbst dazu beitragen? Wo braucht es die Unterstützung von Führungskräften und Coaches und wie kann die Organisationsstruktur angepasst werden um optimale/reibungslose Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Teams zu fördern?

[#anchor2]Rollen für teamübergreifende Zusammenarbeit[#anchor2]

Da man abteilungsübergreifende Teams auch als „Team of Teams“ sehen kann, kann man schon vom Wortlaut darauf schließen, dass es sich bei den benötigten Rollen quasi um ein großes Team handelt, in dem auch die klassischen Rollen, die in jedem einzelnen Team eingenommen werden müssen, vertreten sein sollten. Und so wie jedes Teammitglied im Team wissen sollte, was seine/ihre Rolle ist und was von ihr/ihm erwartet wird, müssen auch die einzelnen Teams in der teamübergreifenden Zusammenarbeit wissen, welche Rolle sie innerhalb des „Team of Teams“ haben und wie die Zuständigkeit und Abgrenzung zu den anderen Teams aussehen. Hier kommt vor allem den einzelnen Teamleads die Rolle der Entwickler und Coaches zu, damit ein offener Dialog von Anfang an gelingt. Dies ist vor allem für das Thema Ingroup (Eigengruppe, zu der man sich zugehörig fühlt) vs. Outgroup (Fremdgruppe, mit der man sich nicht identifiziert) enorm wichtig, wenn verschiedene Teams mit individuellen Identitäten zusammenarbeiten „müssen“ und aufgrund diverser Faktoren ein Konkurrenzdenken entsteht (z.B. wegen unterschiedlichen Zielvorgaben, Machtverhältnissen etc.). Hier gilt es von Anfang an, auf diese Befindlichkeiten offen und transparent zu reagieren und die Rollen zu klären, bevor es zu unüberbrückbaren Konflikten kommt und keine Kommunikation mehr zwischen den Teams stattfindet.

Genauso entscheidend wie die Rollen, sind die richtigen Rahmenbedingungen auf organisationaler Ebene und die Haltung zu teamübergreifender Zusammenarbeit des Managements. Wird hier das große Ganze vermittelt und Wert darauf gelegt wie die Teams ihren individuellen Beitrag dazu leisten? Für teamübergreifende Zusammenarbeit ist es elementar, dass die Ziele jedem klar sind, Verantwortlichkeiten definiert sind und Prozesse teamübergreifend gesteuert werden.  

[#anchor3]Warum teamübergreifende Zusammenarbeit: Herausforderungen vs. Erfolgsfaktoren[#anchor3]

Wir alle kennen Beispiele oder haben es selbst erlebt, dass teamübergreifende Zusammenarbeit und unternehmensweite Koordination schwierig waren oder das Ergebnis daraus nur suboptimal. Endlos lange Meetings, bei denen keiner so richtig wusste, wer für was zuständig ist... ein Albtraum. Aber sich deshalb nur um das eigene Team kümmern und eine Art Mikromanagement zu betreiben, kann sich eigentlich keine Organisation mehr leisten. Denn nachhaltiger Unternehmenserfolg kann nur da entstehen, wo über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg Synergien gehoben werden und Innovationen entstehen. Dass das einfach ist, behauptet niemand, aber, dass es sich lohnt!

Hindernisse beim Aufbau teamübergreifender Zusammenarbeit  

  • Förderung von Einzelleistungen (Individualbonus) versus Erfolgsbeteiligung am Unternehmenserfolg  
  • Management denkt noch in starren Abteilungsergebnissen  
  • Interne Vernetzung wird nicht gefördert  
  • Unterschiedliche Hierarchiestufen reden nicht miteinander  
  • Mitarbeitende haben keine Freiräume, sich mit anderen Teams auszutauschen  
  • Ausgeprägtes Bereichs-/Silodenken schafft schwer überwindbare Barrieren  
  • Prozesse sind nicht aufeinander abgestimmt  
  • Intransparenz: Informationen werden (bewusst) nicht bzw. nicht zeitnah weitergegeben  
  • Teams treten als Wettbewerber auf: „Wir können das besser“ oder „wir können das auch ohne euch“  
  • Führungskräfte betreiben Mikromanagement im eigenen Team  

Es bedarf teamübergreifender Absprachen in Sachen Kommunikation und Zusammenarbeit und das Commitment aller Teams, sich darauf einzulassen. In Zeiten von vermehrter Remote Arbeit ist dies noch wichtiger geworden. Geeignete Tools erleichtern und professionalisieren eine teamübergreifende Zusammenarbeit. Oft verwenden einzelne Teams einen Fachjargon, der den anderen Teams nicht geläufig ist (Bsp. IT und Marketing Terminologie). Auch das stellt eine Herausforderung dar, die den gemeinsamen Fortschritt behindern kann. Jedes Team muss verstehen, welchen Beitrag es zum Gesamtziel leistet und wie wichtig eine klare Kommunikation ist. Neben all diesen Faktoren spielt jedoch auch die vorherrschende Kultur in der Organisation eine entscheidende Rolle. Wenn ein enges Gemeinschaftsgefühl im Unternehmen besteht („wir arbeiten alle auf das gleiche große Ziel hin à z.B. Kundenzufriedenheit), steigert und befeuert die funktionsübergreifende Zusammenarbeit die Produktivität und die Zielerreichung.

[#anchor4]Beispiel für Zusammenarbeit zwischen Teams[#anchor4]

Es ist klar: Teamübergreifende Zusammenarbeit ist aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenken. Wenn Teams aber nicht an einem Strang ziehen, ist letztendlich der gesamte Unternehmenserfolg in Gefahr. Betrachtet man zum Beispiel die Entwicklung eines neuen Produkts: von der Produkt-Idee über Marktforschung, Design, Programmierung bzw. Herstellung bis hin zum Marketing und Vertrieb braucht es unzählige Teams, die kollektiv an einem gemeinsamen Endprodukt (mit möglichst hohem Kundennutzen) arbeiten. Und wenn dann ein erstklassiges Produkt entstanden ist, Marketing und Vertrieb aber nicht miteinander – im schlechtesten Fall sogar gegeneinander – arbeiten, wird das neue Produkt in den Regalen verstauben, weil der finale Weg zum Kunden nicht abgestimmt ist. Es kommt immer dann zu Reibungen, wenn es zwar ein gemeinsames übergeordnetes Ziel gibt (hier im Beispiel: neues Produkt entwickeln und verkaufen), aber z.B. die kurzfristigen Ziele von Teams (hier z.B. Marketingziel: möglichst viele Leads für den Vertrieb generieren) mit den langfristigen Zielen anderer Teams (z.B. Vertrieb: nicht die Quantität, sondern die Qualität der Leads ist für den Verkauf entscheidend) auseinanderfallen.

Nehmen wir ein positives Beispiel aus dem HR-Bereich. Beim heutigen Fachkräftemangel und den immer spezifischer werdenden Jobanforderungen ist es für das Recruiting-Team schlicht nicht mehr möglich, die richtigen Talente im Alleingang zu rekrutieren. Sie sind auf die Unterstützung der jeweiligen Fachabteilungen angewiesen: welche Fähigkeiten müssen unbedingt in die Stellenausschreibung, wo tummelt sich die Zielgruppe, welche Kompetenzen gilt es beim Vorstellungsgespräch genauer abzuchecken, wer kennt wen aus der Szene etc.? Eine Win-win-Situation: HR besetzt die vakante Stelle und die Fachabteilung erhält das passendende Talent. Würden die beiden Teams nicht zusammenarbeiten, könnte HR vielleicht noch die Stelle (mit irgendwem) besetzen, aber die Fachabteilung braucht vielleicht eine ganz andere Person für die offene Stelle.  

[#anchor5]Wie teamübergreifende Zusammenarbeit fördern?[#anchor5]

Gutes Leadership und ein den jeweiligen Ansprüchen der Teams angepasstes kooperatives Arbeitsumfeld entfalten dann ihren vollen Effekt, wenn die Teams sich untereinander vertrauen und eine gemeinsame Identität teilen. Dies kann unterstützt werden, indem den Teams der Gesamtprozess aufgezeigt wird und erklärt wird, wie die einzelnen Teams dazu beitragen und wie ihre individuellen und gemeinsamen Aufgaben ineinander verwoben sind. Agile Frameworks können z.B. dabei helfen, genau diesen gemeinsamen Nenner festzulegen. Auf diese Weise wird der Gesamt-Fortschritt sichtbar und man kann sehen welchen Beitrag jedes Team leistet.

So funktioniert teamübergreifende Zusammenarbeit:

  • Fokus auf den Kundennutzen: Ziel der Zusammenarbeit ist bei allen beteiligten Teams klar kommuniziert (z.B. NPS-Wert)
  • Respektvoller und wertschätzender Umgang: Alle Teams leisten ihren wertvollen Beitrag zum Gesamterfolg
  • Rahmenbedingungen klären, Mikromanagement innerhalb der Teams vermeiden  
  • Erwartungen, Budget/Ressourcen, Zeitplan sind definiert
  • Messbarkeit: Z. B. OKRs/KPIs legen die Zielvorgaben auf Teamebene fest
  • Transparente Kommunikation vermeidet Missverständnisse
  • Führungskräfte unterstützen teamübergreifende Zusammenarbeit und fördern das Aufbrechen des Silodenkens: nicht „unser Team“ und „die anderen Teams“ sondern WIR ALLE
  • Erreichte Ziele/Meilensteine werden gemeinsam gefeiert und belohnt (Stichwort Anerkennung)
  • Psychologische Sicherheit und Vertrauen sind wichtige Bestandteil für leistungsstarke teamübergreifende Zusammenarbeit: Teambuilding über Teamgrenzen hinaus
  • Ausgewogenes Geben und Nehmen zwischen verschiedenen Abteilungen stärkt das Vertrauen
  • Bereitstellung geeigneter kollaborativer Tools, die die Zielerreichung dokumentieren und Transparenz schaffen  
  • Gemeinsame Sprache etablieren (Fachjargons auflösen)  
  • Synergien nutzen, Doppelarbeiten vermeiden

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Raphael Hackmann
Raphael Hackmann ist als Intrapreneur bei der Haufe-umantis AG für das Produkt Haufe Teampact im Bereich New Work tätig. In seiner Rolle unterstützt er Unternehmen in der DACH-Region Ihren Weg in den Themen New Work und Selbstorganisation zu finden, damit diese sich den komplexen Herausforderungen der Zukunft stellen können. Dabei steht die Wirksamkeit von zufriedenen Teams und deren Resilienz im Vordergrund. Seine langjährige Erfahrung in der Personalberatung, im Aufbau neuer Standorte sowie seine Leidenschaft und sein Know How für das Arbeiten in der Zukunft bilden die Grundlage seiner Arbeit.