19.10.2022

OKR im Unternehmen richtig einführen und nachhaltig implementieren

Michael Späth
Intrapreneur

OKR ist ein Tool zur Strategieumsetzung. Es schafft mehr Fokus, Alignment und Transparenz im gesamten Unternehmen. OKR verknüpft die strategischen Unternehmensziele mit den operativen Zielen der Teams. Hört sich gut an – her damit! Ja, alles richtig, aber: OKR ist kein Betriebssystem, das man einführt und dann läuft es von allein. Mitnichten: Damit OKR richtig „zum Fliegen“ kommt, muss es zunächst professionell eingeführt und dann vor allem nachhaltig implementiert werden. Wir zeigen dir wie das geht, damit die OKR-Euphorie nicht im Frust endet.

[#anchor1]Wann du von OKR lieber die Finger lassen solltest[#anchor1]

Bevor wir jetzt tiefer in das „how to“ der OKR-Implementierung einsteigen, vorweg kurz zusammengefasst, wann du OKR lieber nicht einführen solltest, um Enttäuschungen vorzubeugen:

  • Du suchst du nach einer Blaupause, die du einfach kopieren kannst.
  • Es gibt keine klare Vision/Unternehmensstrategie, aber mit OKR werden die Ziele dann immerhin für die einzelnen Teams klar.
  • Du suchst nach einem Kontrollsystem, um die Performance deiner Teams zu überwachen.
  • Du suchst nach einer Projektmanagement-Methode, mit der du alle Projekte top down im Unternehmen verwalten kannst.
  • Deine Organisation ist stark hierarchisch aufgebaut und die Führungskultur beruht größtenteils auf Weisung und Kontrolle.

[#anchor2]Strukturierte OKR-Einführung – ohne geht’s nicht![#anchor2]

Nachdem wir nun wissen, was OKR nicht ist, rufen wir uns nochmal kurz ins Gedächtnis, für was das OKR-Framework steht und warum eine strukturierte Einführung so wichtig ist.

OKR auf einen Blick

OKR Framework

OKR ist ein flexibles Rahmenwerk, für das es ein bestimmtes Mindset im Unternehmen braucht. Zum einen muss das Management bereit sein, Verantwortung abzugeben, transparent zu kommunizieren und die operativen Ziele nicht mehr nur top down vorzuschreiben. Zum anderen müssen die Mitarbeitenden verstehen, wie OKR den Arbeitsalltag vereinfacht und dass es sich nicht um ein (weiteres) bürokratisches Dokumentationstool handelt. OKR muss als agiler (Veränderungs-) Prozess verstanden werden und kann nicht einfach verordnet werden, nach dem Motto: ab sofort machen wir OKR.  

Es braucht das volle Commitment aller Beteiligten. Und vorallem braucht es eine klare Vision, die mitreißt und eine belastbare Strategie, die allen im Unternehmen präsent ist.

Nachhaltige OKR Einführung braucht Übung

OKR braucht Übung. Und in den ersten Zyklen zahlt man vielleicht noch „Lehrgeld“, weil es zunächst Zeit in Anspruch nimmt, die Objectives und Key Results zielführend zu formulieren. Werden sie doch häufig mit To Do-Listen verwechselt… Richtig angewendet, gelingt mit Übung und Erfahrung die Operationalisierung der Unternehmensstrategie durch engagierte und motivierte Teams. Das Framework folgt einer klaren Struktur und hat fest definierte Zyklen. Agile Prinzipien wie regelmäßige Retrospektiven,Lernen und Adaptieren spielen hierbei eine zentrale Rolle. OKRs sind nicht geheim und alle können sie einsehen. Das trägt wesentlich zur Transparenz im Unternehmen bei und jeder kann sehen, wie es mit der Operationalisierung der Strategie steht und welchen Beitrag die Teams zur Umsetzung leisten. Somit wird die Abstimmung zwischen den Teams erleichtert und Gemeinsamkeiten sowie Abhängigkeiten schnell identifiziert.

OKR einzuführen braucht Zeit

Der anfängliche, zusätzliche Zeitaufwand in der Planungs-und Einführungsphase von OKR darf nicht unterschätzt werden. Die Entscheidung für oder gegen und die Einführungsplanung sollte strukturiert und fundiert erfolgen – unter enger Einbindung des Top Managements. Darüber hinaus gilt es, Mitarbeiter:innen in neue Rollen zu entwickeln, zu befähigen und: alle Teammitglieder brauchen Zeit, sich an die neue Methodik zu gewöhnen. Dem gegenüber stehen - zumindest anfangs - keinerlei Zeiteinsparungen.

Es hat sich mehrfach bewährt, „klein“ zu starten – eventuell auch erst mit Pilotteams - und die Methodik iterativ zu entwickeln und zu verfeinern, statt von vornherein Perfektion anzustreben. So können die Mitarbeiter:innen besser mitgenommen werden und deren Feedback kontinuierlich in die weitere Optimierung einfließen. Und auch die Qualität der formulierten OKRs und der Prozesse werden mit jeder Iteration ein bisschen besser. Also nicht gefrustet sein, wenn diese zu Beginn nicht gleich top sind!

OKR dient der Fokussierung

OKR dient der Fokussierung. Das Zentrum bilden autonome Teams. Sie definieren – ausgehend von den übergeordneten organisationalen Zielen – selbstständig, welche strategischen Themen für sie relevant sind. Der eingegrenzte Zeitraum und die rigiden Vorgaben in Sachen Anzahl Objectives und Key Results sorgen für einen klaren Fokus auf ausgewählte erfolgsversprechende Ziele. Dank OKR wird die Team-Autonomie gesteigert und somit auch die Wirksamkeit und Motivation des Teams. Eine fortlaufende Qualitätssicherung des Frameworks entscheidet maßgeblich darüber, ob OKR ein gelebter Prozess wird oder nur ein Kontrollsystem, das zur Aufgabendokumentation missbraucht wird.

[#anchor3]Das sind die 5 häufigsten Fehler bei der OKR-Einführung[#anchor3]

  1. OKR wird als Zielvereinbarungsmethode eingeführt --> Change-Prozess wird unterschätzt
  2. Es fehlt an Konsequenz und Durchhaltevermögen --> Mit OKR lassen sich nur selten Quick Wins realisieren
  3. Die Objectives werden von der Führung vorgegeben --> OKR ist kein top down-Ansatz
  4. OKRs „verkommen“ zu To Do-Listen im Arbeitsalltag --> Fokussierung geht verloren
  5. OKRs werden als Kontrollinstrument eingesetzt --> Management by Objectives (MbO) im Tarnmantel!

[#anchor4]OKR einführen: Nachhaltigkeit sicherstellen[#anchor4]

Damit OKR die erwarteten Früchte trägt, muss das Framework und das zugrunde liegende Mindset in der gesamten Organisation und in den Prozessen verankert werden. Es braucht Rituale, die im Arbeitsalltag einen festen Bestandteil haben. Nur damit wird eine gewisse Nachhaltigkeit gewährleistet. Das OKR-Framework sieht bestimmte Rollen und regelmäßige Termine vor. Der:die OKR-Master ist verantwortlich für den gesamten Prozess und unterstützt die einzelnen Teams durch Schulung, Training und Beratung. Der:die OKR-Coach hilft den Teammitgliedern bei der Formulierung ihrer Objectives und Key Results. Ein OKR-Zyklus dauert 3-4 Monate und besteht aus dem Planning, den Weeklies, einem Review und schließlich der Retro bevor der nächste Zyklus mit neuen OKRs von vorne beginnt. Es ist unerlässlich, dass diese „Formalia“ eingehalten bzw. diese Instrumente genutzt werden, um den Fortschritt beurteilen zu können.  

OKR-Zyklus

[#anchor5]OKR einführen: Aufgaben[#anchor5]

Bevor du das OKR-Framework jetzt in deinem Unternehmen einführst, sollten die organisationalen Rahmenbedingungen vorhanden sein. Dazu gehört, dass das Management mit im Boot ist und die Unternehmenskultur von Vertrauen, Transparenz, wertschätzender Kommunikation und einem offenen Umgang mit Fehlern geprägt ist. Flache Hierarchien und ein agiles Mindset mit genügend Freiräumen zur Entfaltung der Eigenverantwortlichkeit der Teammitglieder sind wichtige Treiber für OKR. Deshalb sollte ein Kick-off Workshop mit dem Leadership folgende Ziele haben:

  1. Motivation für OKR definieren – wichtig, wenn es mal schwierig wird, damit man sich immer wieder darauf berufen kann.
  2. Ausgangslage festhalten – wo stehen wir gerade, wohin wollen wir mit OKR?
  3. Managementausrichtung für Zielbild abfragen – OKRs werden aus der Strategie abgeleitet und diese damit operationalisiert.
  4. Struktur und Rollen definieren – wie gestalten wir das OKR-Framework im Unternehmen, welche Rollen brauchen wir? Wer unterstützt?
  5. Change-Management-Prozess aufsetzen – Führungskultur, Zusammenarbeit und Kommunikation unter die Lupe nehmen.
  6. Meilensteine ​​festlegen und planen – Ab wann ist die OKR-Einführung ein Erfolg, evtl. KPIs festlegen.
  7. OKR-Piloten starten – welcher Bereich/welches Team eignet sich am besten als Pilot?
  8. OKR-Piloten skalieren – wie läuft das Rollout, welche Software kann bestmöglich unterstützen?

Erstwenn diese Grund-Voraussetzungen geklärt sind, empfiehlt es sich, einen Workshop mit allen Beteiligten einzuplanen. Dort wird das OKR-Framework geschult und Fragen geklärt.

[#anchor6]Warum bei der OKR-Einführung ein:e externe:r Partner:in hilfreich ist[#anchor6]

Es hat sich gezeigt, dass die OKR-Einführung erfolgreicher ist, wenn ein:e externe:r Partner:in unterstützt. Zum einen kann durch Externe gemäß der Redensart „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“ die Akzeptanz erhöht werden. Denn gerade zu Beginn der OKR-Einführung wird es viele Diskussionen in den Teams geben, ob man denn nun noch eine weitere Methode braucht etc. Hier gelingt es einem:r ausgewiesenen OKR-Experten:in mit den richtigen Argumenten zu überzeugen und völlig unvoreingenommen mögliche Zweifler:innen zu gewinnen. Er:sie blickt von außen auf das Unternehmen und kann mit Hilfe deseigenen Erfahrungsschatzes Qualität und gewünschte Geschwindigkeit des Einführungsprozesses sicherstellen. So erreichen Unternehmen, die OKR einführen, von Anfang an eine höhere Qualität und steigern die Effizienz. Dank externer Unterstützung können Frusterlebnissen im Team vermieden oder zumindest abgefedert werden!

Zum anderen ist es oft einfach so, dass es im Unternehmen (noch) keine OKR-Fachleute gibt und die Expertise dann besser mit Qualität von außen zugebucht wird und damit eine gewisse Nachhaltigkeit gewährleistet. Eine Schulung, die Geld kostet und nicht nur Zeit, wird oft als wichtiger eingeschätzt, als wenn es um interne Wissensvermittlung durch Kolleg:innen geht…

Apropos Schulung: Alle Mitarbeiter:innen müssen umfassend geschult werden. Bei Einbindung von Externen können Teams gemeinsam vor Ort geschult werden und so in Sachen OKR zusammen wachsen und ganz nebenbei ihren ganz eigenen, teamspezifischen Umgang mit OKR entwickeln. Auch bei der Ausbildung von OKR Master und Coaches sollte auf jeden Fall auf externe Schulungsanbieter zurückgegriffen werden, ohne geht es nicht!

Hat sich das Management entschieden, externeUnterstützung einzubeziehen, geht es darum, den:die passende:n Partner:in auszuwählen. Wichtig ist, dass diese:r nicht nur in einem Frontalvortrag die reine Methode erklärt, sondern den Prozess vom Start bis zum Rollout über die Softwareeinführung begleitet. Auch wenn OKR einfach erklärt werden kann, braucht es zunächst viel Übung und das Commitment aller Beteiligten, damit die Erfolge sichtbar werden. Hier ist zu klären, wer zum Projekt-Team gehört und wer alles dabei sein sollte.

Eines sollte aber vorher klar sein: der:die externe Partner:in kann noch so gut und erfahren sein – er:sie kann jedoch keine Wunder bewirken, wenn die intrinsische Motivation im Unternehmen/Management fehlt. Dann wird OKR scheitern. Es muss im und vom Unternehmen getrieben werden.

[#anchor7]OKR: Herausforderungen und wie du ihnen begegnest[#anchor7]

1. „Copy und Paste“ des Google OKR Framework

Du hast viel über das OKR-Framework gelesen und wer erfolgreich damit arbeitet (z.B. Google und SAP). Nun hoffst Du, eine Blaupause für den optimalen Prozess zu haben, die Du einfach übernehmen kannst. Das funktioniert nicht! Denn: jede Organisation ist einzigartig und braucht einen individuell zugeschnittenen Prozess. Und dieser ist abhängig von euren Strukturen, Werten, Mindset und den Kompetenzleveln der Mitarbeiter:innen. Darüber hinaus darf der Prozess nicht statisch sein, sondern muss ständig weiterentwickelt und optimiert werden!

2. OKR vs Tagesgeschäft: die Grenzen von OKR

OKRs sind KEINE To Do’s, kein operatives Tagesgeschäft. Das heißt im Umkehrschluss auch: Bereiche in denen ausschließlich operativgearbeitet wird, z.B. Customer Support, Rezeption o.ä. eigenen sich weniger für das Framework, weil hier weniger Spielraum für strategisches Arbeiten ist. Hier bietet sich eher das Arbeiten mit KPIs, z.B. Kundenzufriedenheit, an.

Überall da, wo OKRs das Tagesgeschäft beeinflussen, z.B. kritische Produktentwicklung und damit Neukundengewinnung, geht OKR relevantes Tagesgeschäft natürlich vor!

3. OKR braucht kommunikationsstarkes Change Management

Veränderungsmanagement ist kein kurzfristiges Projekt. OKR ist nicht nur eine neue Methode, sondern eine komplett neue Herangehensweise – in gewisser Weise eine neue Kultur. Veränderungsmanager wissen: die Akzeptanz von Veränderungen steigt enorm, wenn klar kommuniziert wird, warum Neues notwendig ist und welche Ziele damit verfolgt werden!

Eine komplett neue Vorgehens- und Denkweise muss in Teams und im Unternehmen etabliert werden und für eine nachhaltige Integration braucht es intensive Starthilfe: Ein OKR Master mussbefähigt werden, der:die den Prozess gestaltet und treibt. OKR Coaches müssen ausgebildet werden, die ihn/sie dabei unterstützen. Und in den Teams muss die Lust auf OKR entfacht und am Lodern gehalten werden! Gerade in der Einführungsphase gibt es in allen Unternehmen Rückschritte und Widerstände. Greif tihr diese frühzeitig auf und geht ihr wertschätzend und lösungsorientiert darauf ein? Und: Auch eine teamübergreifende Abstimmung zur Umsetzung strategisch wichtiger Arbeitspakete bevor Ressourcen investiert werden, verhindert spätere Frustrationserlebnisse, wie Diskussionen im Team und  Stakeholdern, die am Ende viel Zeit und Motivation kosten. Ohne agile Methoden, den Wunsch zur Veränderung auf allen Ebenen und das Commitment aller geht es nicht. Eine Herausforderung, die die volle Konzentration und den Willen aller Beteiligten erfordert – aber es lohnt sich! 

4.  Messbarkeitder OKRs UND der neuen Prozesse sicherstellen

Die Key Results müssen nicht nur konkret messbar sein, sondern auch im Teamerleben transparent und relevant sein. Haben die Teammitglieder direkten Einfluss auf die Key Results? Können sie das Erreichen oder Nicht-Erreichen bestimmen und direkt erkennen – am besten tages- oder zumindest sprint-aktuell? Das sind die wichtigen Aspekte, die bei der Formulierung der OKRs berücksichtigt werden sollten!

Darüber hinaus ist es bei der Einführung des OKR Frameworks essenziell, eine Erfolgsplanung zu erstellen. Basierend auf einem klaren Zielbild sollte genau definiert werden, wann der neue Prozess erfolgreich und wertschöpfend ist. Es lohnt sich, genau zu überlegen, wie ihr Fokus, agiles Arbeiten, Aufbau und Einsatz von Methodenkompetenz und Selbstorganisationmessen wollt. Bewährt haben sich Kennzahlen in Richtung Check-in Regelmäßigkeit, Mitarbeiterakzeptanz und -beteiligung und Fokus auf Kundennutzen bei den OKRs.

[#anchor8]OKR einführen: Checkliste[#anchor8]

  • Reifegrad für das OKR-Framework prüfen
  • Kick-off mit Management und mittlerer Führungsebene
  • Verbindliche Definition der Vision/Mission
  • Entscheidung über externe:n Partner:in
  • Change-Prozess aufsetzen
  • Transparenz/Kommunikation über die Einführung
  • OKR-Master und Projekt-Kernteam definieren/aufbauen
  • Kick-off mit externer Expertise
  • OKR-Framework schulen
  • Meilensteine festlegen
  • Nachhaltigkeit sicherstellen

Bist du neugierig geworden und denkst, dass das auch eine passende Methode für dein Unternehmen sein kann? Wir unterstützen dich und dein Unternehmen gerne individuell bei der Einführung von OKR in der Praxis.

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Michael Späth
Michael Späth ist als Intrapreneur zuständig für die Einführung und den Markterfolg von New Work Produkten bei Haufe. Mit seinem Hintergrund in Human Resources, Coaching und Lean Management unterstützt er agile Organisationen mit der idealen Software auszustatten, um die Zusammenarbeit nachhaltig zu stärken. Im Team arbeitet er nach Scrum und mit dem OKR-Framework und lotet dabei gerne die Grenzen der Systeme aus.